• Großstadtweihnacht

    Großstadtweihnacht

     

    Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger von Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.“ 

    Sie ging mit ihrer kleinen Tochter durch die Fußgängerzone, vorbei an hell erleuchteten Kaufhäusern. Es war ungemütlich aber nicht zu kalt – eher nass und matschig. Die Weihnachtseinkäufe wollen aber noch erledigt werden. Um ihrer Kleinen das Drängen durch die zu dieser Jahreszeit üblicherweise viel zu überfüllten Stadt zu versüßen, erzählte sie ihr die Weihnachtsgeschichte.

    Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die ward schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“

    Ein Mann drängte sich an ihnen vorbei. Er schien es eilig zu haben und drängte sie so unsanft zur Seite, dass ihr die Einkaufstüten aus der Hand fielen. Sie fluchte, besann sich die verstreuten Teile aufsammelnd dann aber wieder eines Besseren, als sie den entsetzten Blick ihrer fünfjährigen Tochter sah.

    „Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, des HERRN Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des HERRN leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der HERR, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:  Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

    Ihre Kleine wollte wissen, warum das Jesuskind in einer Krippe liegen musste, wo es doch schöne Betten gab. Dass keine Herberge frei war und Maria und Josef überall abgewiesen wurden, erklärte sie ihr daraufhin. Die Kleine bestand allerdings darauf, dass das sehr gemein war und sie fing an zu weinen, als sie an das frierende Jesuskind in seiner zugigen Krippe denken musste. Es tat ihr so leid und Maria und Josef auch. Sie liebte ihre Kleine für ihr gutes Herz. Plötzlich riss das Mädchen sich los und eilte davon. Panisch lief sie dem Kinde nach, konnte es im Gedränge aber nicht mehr sehen. Ihr Herz schlug wie wild, Angst machte sich in ihr breit. Ausgerechnet jetzt, wo die Zeit eh so knapp war.

    Sie musste noch Plätzchen für die Freunde backen, das Abendessen für die Familie zubereiten, die Geschenke einpacken und Besuch hatte sich auch noch angekündigt: die Schwiegermutter. Sie konnte sie sowieso nicht so gut leiden, hatte immer etwas an ihr auszusetzen und sich für ihren Sohn eine ganz andere Frau gewünscht. Dieses eine Mal, als er sie geheiratet hatte, widersetzte er sich seiner Mutter jedoch und blieb bei seiner Wahl. Das hatte ihr die Schwiegermutter nie verziehen.

    Sie drängte sich durch die Menschen und erblickte kurze Zeit darauf ihre Kleine an einer Hauswand. Sie stand vor einem alten Mann, einem Obdachlosen. Sie unterhielt sich mit dem Mann und kramte eines ihrer Bonbons aus der Tasche, das sie dem gerührten Alten mit den Worten gab: „Da, für dich, was anderes habe ich leider nicht. Das Bonbon schmeckt sehr gut.“ Sie stürmte auf ihre Tochter zu und riss sie hektisch am Arm fort: „Komm, wir haben keine Zeit. Laufe mir nie wieder weg, hörst du?“ Den Mann beachtete sie gar nicht. Sie drängte ihre Tochter in den Bus nachhause. Plötzlich fing die Kleine wieder an zu weinen und sagte ganz leise: „Jetzt verstehe ich, warum Jesus, Maria und Josef in einer Krippe schlafen mussten. Keiner sah, dass es sie gibt.“ 


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